Warum Architekturwerkstatt?
Zum Zeitpunkt des Hochschulexamens eines jeden Architekten ist die Architektur die höchste Kunst, mit der die Umwelt gestaltet wird. Es ist Schaffen, Bilden, Unterstreichen, für Generationen, einmalig, von einem Genie erdacht, von einer begnadeten Hand gezeichnet und von mit Inbrunst arbeitenden Maurern, Tischlern und Installateuren erbaut.
Und alles für die Menschheit. Der Mensch ist das Maß aller Dinge- sagt Le Corbusier.
Den ersten Knacks bekommt der Durchschnittsabsolvent, wenn er nach dem Examen in einem Architektenbüro arbeitet, weil er dort meist in der Detailabteilung oder auf der Baustelle sitzt, den zweiten Knacks bekommt er, wenn er sich selbstständig macht, wie viele von uns: Einzelgänger, umherstreifende Wölfe, schnuppernd nach einer Garage, einem Einfamilienhaus, einem Carport.
Schlimmer als die Details sind die Fesseln der Bauämter, und natürlich der Bauherren, der Baufrauen und ganz heftig, die der Baugemeinschaften. Was die Bauämter angeht, so denken diese im Osten, im Gegensatz zu denen im Westen, meist darüber nach, wie verhindert werden kann. Die Bauherren meist wissen, dass sie nicht so besonders viel wissen und geben dem Architekten schon etwas freie Hand, bei den Baugemeinschaften jedoch gibt es immer einige, die alles besser wissen. Mit denen habe ich bereits lange Jahre zu tun. Ich habe mich auf Gemeinschaften spezialisiert. Ich lebe ich selbst in einer. Ich weiß also, wovon ich rede.
Genialität ist in der Gemeinschaft nicht gefragt, weil fast immer der Einwand kommt, man könne es ja auch so oder so machen, was ja auch stimmt, aber der geniale Zusammenhang geht dabei baden.
Und über allem schwebt das Damoklesschwert, das Geld, die Baukosten. Der Entwurf ist noch nicht gezeichnet, da wollen die Bauherren wissen, was die Bude kosten würde. Bei einem Neubau lässt sich das ja noch ganz gut sagen, bei Sanierungen jedoch ist eine verlässliche Aussage zu einem frühen Zeitpunkt kaum möglich.
Also wird in die Kiste der Erfahrung gelangt, den Zauberstab herausgeholt, das Alter des Bauherrn mit 1200 multipliziert, die Größe abgezogen das Ganze geschüttelt und nicht gerührt und zur Bank gebracht, damit die Mittel beschafft werden können.
Was bleibt, damit die Arbeit dennoch Spaß macht und mehr als nur erträglich ist?
Runter mit den hehren Anfangsansprüchen und weg mit dem Satz: Ich bin der Beste und zusehen, was wirklich mit Güte und Qualität bleibt: Und das ist das Handwerk.
Bei mir ist Architektur Handwerk!
Ein Handwerk dessen Inhalt Tausende von kleinen Erfindungen ist, die in ein großes, sich aber ständig Veränderndes eingebettet sind. Irgendwann ist auch die unruhigste Baustelle fest und unveränderlich. Und wenn ich das geschafft habe, dann kann ich mich beruhigt umdrehen und die Skizzenrolle für das nächste Projekt ausrollen. Und das mit Freude, denn diese zwei Tage mit einem superdicken Bleistift in der Hand sind jetzt wirklich das prickelnde Architektengeschäft.
Vorausgesetzt natürlich, dass nicht ständig angerufen wird, weil auf der alten Baustelle der Löffel fehlt und die Bauherren wissen wollen, wie ein Fenster eingesetzt wird.
Uwe, den 22.10.08
Ökologische Architektur
Was ist das?
Heutzutage hat jedes Haus den Stempel an der Tür: ökologisch, wärm gedämmt und alles zusammen spottbillig.
Was ökologisch ist, definiert jeder Architekt für sich und die Bauherren ohnehin in ganz besonders merkwürdiger Weise, aber ganz sicher wird ökologisch über die Baumärkte definiert. Wer es denn wirklich ernst nimmt und keine Ahnung hat, geht zumindest zum Naturbauhaus, zum Biber oder zu meinem Ökokontor.
Die ganz Ernsten brauchen für das ökologische Aushängeschild Lehm und Stroh, es müssen sechseckige Häuser sein, Mandalahs, runde, gewellte möglichst mit konkaven Fenstern und absolut dichten Türen. Gelehmte Strohwände, hochgerüstet mit high-tech, damit auch genügend Luft hinein – und herauskommt, damit der Normale nicht frierend, genügend Luft bekommt und der Asthmatiker und der Allergiker einigermaßen störungsfrei schmusen können. Plastikfenster sind in diesem Zusammenhang absolut out. Wärmedämmung muß neben Stroh in jedem Fall Isofloc sein. Die ganz Wichtigen stellen einen Wünschelrutengänger ein, der die Wasseradern auf dem Grundstück feststellt und einen mit bunten Linien überzogenen Plan macht, die Geomanten heilen die letzte Verwundung aus dem Mittelalter, die Elementarwesen werden gebeten zu verschwinden, und wer es noch ernster meint, pendelt nach Wilhelm Reich und den Blutbildern die Akzeptanz aus.
Ich habe das alles kennen gelernt.
Das Terrain wird ergänzt durch mindestens ein Gestell für eine Schwitzhütte, welches an 364 Tagen nackend am heiligen Platz steht. Der Garten ist natürlich aufgehügelt und gemulcht, Pflanzennachbarschaften verhindern Schnecken, und die den Gürtel ablenkender Pflanzen doch schaffen, werden von dem schwarzen Block, den Laufenten gefressen, die allerdings auch gut Geschmack an den Erdbeeren und an den Stachelbeeren haben. Und ganz zum Schluß, kurz bevor die alternativen schamanischen Augen zufallen, wird noch schnell mit den EMs alles begossen.
Das ist das heutige Haus. Haus, Garten, Zaun. ( Aber doch bitte ein Weidenzaun)
Übertrieben?
Keineswegs, ich muß es wissen, habe ich doch in meinen Projekten alles neugierig ausprobieren können.
Es lebt sich gut in diesen Häusern sollte ich meinen.
Aber an der Wohnhform selbst, an der Verbindung zwischen gebauter Umwelt und sozialem Verhalten hat sich nichts geändert, weil es im Grunde genommen genau die gleichen alten Häuser und die gleichen Grundrisse geblieben sind.
Aber wieso ändert sich unser Verhalten, wenn die Häuser anders organisiert sind?
Wenn jeder ein eigenes Appartement hat, mit Bad und Küche und Fernseher und PC, dann stolpert man allerhöchstens im Flur über seinen Nachbarn. Jeder ist sich der Nächste, kaum jemand kennt den Anderen. Anders ist es, wenn viele im selben Bett schlafen würden. Die Phantasie reicht nicht aus, um sich das Durcheinander, die Berührungen, die Gerüche, die Gespräche, aber auch den Ärger vorzustellen. Das erste ist die Isolation, das zweite die Kommunikation. Beides wird durch den Grundriß unterstützt. Sicherlich lässt sich auch in ein kleines Appartement ein großes Bett stellen, und sicherlich können Menschen sich bewußt besuchen, um nicht alleine zu versauern. Aber es wird nur sehr zögerlich gemacht, wenn Ärger ansteht schon gar nicht. Die Verhaltensweisen ändern sich folglich. Wenn wir wissen, was wir wollen, wie wir miteinender kommunizieren wollen, dann können auch die Häuser dafür gebaut werden. Seit mindestens 60 Jahren findet eine zunehmende Isolation statt.
Adenauer in den 50ern:“ Das Eigenheim ist das Bollwerk gegen den Kommunismus“.
Hartz IV unterstützt diesen Drive in erstaunlichem Maße. Statt sich zusammenzuschließen und mit dem wenigen Geld gemeinsam besser zu wirtschaften, sind die Zuschüsse auf den Einzelnen zugeschnitten. DIe Wohnungen dürfen nicht zu groß sein, wenn mehrere zusammenwohnen, haben wir eine benachteiligte Bedarfsgemeinschaft.
Wenn ich also „ökologische“ Architektur meine, dann möchte ich die sozialen Beziehungen mit in diesen Begriff hineinnehmen.
Ihn nur auf die technische Seite zu beziehen, halte ich für zu kurz gegriffen, denn die technische Ausgestaltung der Hausbauökologie, von der Dämmung bis zur Südausrichtung und dem BHKW oder der PV- Anlage, bis zum Plumsklo im Hause lässt sich ja mit dem nötigen Kleingeld ohne Probleme realisieren. Technisch ist es überhaupt kein Problem, eine Hülle so mit Energieumwandlungsverfahren voll zu stopfen, dass die Sonne als Energielieferant völlig ausreicht.
Neben dieser technischen, hoch ausgerüsteten Bude läßt sich aber meine stark favorisierte low-technics Idee beschreiben. Diese Idee beinhaltet ein Minimum an Technik zugunsten einer von allen verständlichen und praktikablen Einfachheit.
Ein kräftiger Mantel von der Sohle über die Außenwände und Dach und innen ein Lehnbaugrundofen, der von einer Stelle ohne Technik das ganze Haus heizt. Der Lokus ist wieder ein Trockenklo, das aus dem, was ich knirschend abgebe, guten Mutterboden macht.
Hier sind, wenn die Schiene angedacht worden ist, der Phantasie und der Kreativität keine Grenzen gesetzt.
Aber wie gesagt, ich sitze bei all diesen Modellen alleine auf dem Klo. Schlafe alleine im Bett, ärgere mich alleine über die unaufgeräumte Küche, und steige allein morgens ins Auto, um im Büro irgendwo für andere zu arbeiten.
In diesem Sinne- es gibt auch anderes- z. B. zu lesen und zu erfahren auf der Olgashof Homepage. Sehr zu empfehlen, und natürlich im Kommunebuch.
Uwe Kurzbein
Ach so, ich hätte es fast vergessen: Bei mir bekommt natürlich jeder das gewünschte Haus.